Folge 15: In der Kindheit und Jugend schon kriminell!

Shownotes

Weiterführende Informationen und Untertitel gibt es auf:
https://www.euro-fh.de/podcast-psychknowledge/

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00:00:05: Hallo und herzlich

00:00:05: willkommen zu PsychKnowledge, dem Psychology- Lernpodcast.

00:00:09: Mein Name ist Franziska Czens und ich bin, wie ihr schon

00:00:11: wisst, Soldatin bei der Bundeswehr und Tutoren an der Euro-FH.

00:00:15: Für die heutige Folge haben wir erstmalig ein Wiederholungstäter.

00:00:20: Professor Dr. Lars Riesner.

00:00:21: Lars war in Folge zwölf schon mal Gast bei uns

00:00:24: und hat uns eine Einführung in die Rechtspsychologie gegeben.

00:00:27: Darauf gab es sehr viel positives Feedback

00:00:29: und deshalb freue ich mich sehr, Lars,

00:00:30: dich heute für eine weitere Folge begeistern zu können.

00:00:33: Schön, dass du wieder da bist. Hallo?

00:00:36: Hallo Franzi.

00:00:37: Ja, ich freue mich auch sehr, wieder hier zu sein

00:00:38: und ein bisschen mehr aus meinem Fachbereich erzählen zu können.

00:00:42: Obwohl du ja Lars, quasi ein alter Bekannter bist,

00:00:45: möchte ich trotzdem kurz ein paar Worte zu dir verlieren.

00:00:47: Für alle, die vielleicht die erste Folge auch noch nicht gehört haben.

00:00:50: Lars ist Professor für Angewandte Psychologie

00:00:52: an der Europa und seine akademische Heimat ist die Rechtspsychologie.

00:00:57: Und er entwickelt gerade an der Europa

00:00:58: ein recht spsychologischen Master Studiengang.

00:01:01: Seine Forschungen sind ganz oft eng verzahnt mit der Praxis, zum Beispiel

00:01:05: mit der Arbeit mit der Polizei.

00:01:07: Wenn ihr mehr dazu wissen wollt und auch die

00:01:08: Grundlagenfolge noch nicht gehört habt, dann schaut auf jeden Fall mal

00:01:12: in unserer ersten gemeinsamen Folge vorbei.

00:01:15: Heute soll es hier speziell um den Umgang mit jungen Straftätern gehen,

00:01:18: also den Fragen Was kann man mit jungen Menschen tun,

00:01:20: die delinquente oder kriminelle Verhaltensweisen aufweisen?

00:01:23: Was für Prävention

00:01:24: und Interventionsansätze gibt es ganz speziell?

00:01:27: Und natürlich auch die Frage Wie kommt es überhaupt dazu,

00:01:31: dass sich diese Verhaltensweisen entwickeln?

00:01:33: Lars Lass uns doch direkt mal mit der ersten Frage beginnen.

00:01:36: Straftat ist ja nicht gleich

00:01:38: Straftat und die Motive und die Ursachen können ja ganz verschiedene sein.

00:01:42: Gibt es denn für die Prävention

00:01:43: und die Intervention schon bestimmte Verfahrens oder Tätergruppen

00:01:47: oder vielleicht auch Formen, nach denen wissenschaftlich unterschieden wird,

00:01:51: um dann natürlich bestmöglich zu handeln?

00:01:55: Ja, also

00:01:55: es gibt es schon über den Bereich der Kriminalprävention,

00:01:59: da haben wir ja in der letzten Folge schon mal ein bisschen gesprochen.

00:02:02: Ich fasse es vielleicht noch mal ganz kurz zusammen, damit wir da ansetzen können.

00:02:06: Ja, gerne.

00:02:07: Also es gibt im Bereich der Prävention sehr verschiedene Akteure.

00:02:11: Das können zum Beispiel Schulen sein oder das Jugendamt oder die Polizei oder

00:02:16: freie Träger in der Jugendhilfe usw

00:02:18: und die leisten wiederum eine ganze Vielzahl

00:02:21: von unterschiedlichen Angeboten und Maßnahmen.

00:02:24: Das hatten wir auch schon einmal kurz aufgegriffen.

00:02:26: Es gibt zum Beispiel Präventionsansätze, die an potenziellen Täterinnen

00:02:30: und Tätern ansetzen oder an potenziellen Opfern

00:02:33: oder auch an bestimmten Orten oder auf bestimmte Situationen abzielen.

00:02:37: Das ist also eine Möglichkeit der Unterscheidung.

00:02:40: Weiterhin unterscheidet man dann häufig auch danach,

00:02:44: ob die Maßnahmen universell sind,

00:02:45: also das heißt, dass sie sich an eine allgemeine Bevölkerungsgruppe richten.

00:02:50: Das wäre zum Beispiel so, wenn man jetzt Programme

00:02:53: hat, die zielen ab auf den Aufbau sozialer Kompetenzen und

00:02:57: das macht man einfach bei allen Schülerinnen und Schülern an einer,

00:03:00: ja, in einer bestimmten Klassenstufe zum Beispiel.

00:03:03: Und dann gibt es auch selektive Maßnahmen.

00:03:06: Die sind auf spezielle Risikogruppen ausgerichtet,

00:03:09: also Schülerinnen, Schüler, die eine hohe Risikobelastung haben,

00:03:12: durch verschiedene Bildungs risiken, milieubedingt zum Beispiel.

00:03:16: Und dann gibt es auch

00:03:17: Ansätze für Personen, die schon Form von Problemverhalten gezeigt haben,

00:03:21: also zum Beispiel Jugendliche, die jetzt häufig die Schule schwänzen.

00:03:25: Das wären dann sogenannte indizierte Ansätze.

00:03:28: Und abhängig von all diesen Dingen unterscheidet sich dann natürlich auch,

00:03:33: auf welche Veränderung jetzt diese Präventionsmaßnahmen

00:03:36: eigentlich abzielen, also welche Fähigkeiten zum Beispiel

00:03:40: welche Ressourcen aufgebaut werden sollen oder aktiviert werden sollen.

00:03:44: Da sind wir eben im Bereich der Prävention, wozu wir ja auch

00:03:48: beim letzten Mal schon so ein paar konkrete Beispiele kennengelernt haben,

00:03:53: worüber wir jetzt aber bislang noch gar nicht gesprochen haben.

00:03:56: Und deswegen freue ich mich auch so über deine Frage.

00:03:58: Franz. Das sind die Interventionen.

00:04:01: Ja, da haben wir letztes Mal fast keine Zeit mehr für gehabt.

00:04:04: Na ja, klasse, Darauf heute zurückkommen.

00:04:06: Ja, sehr gut.

00:04:08: Also die Frage dann was macht man eigentlich mit Menschen,

00:04:11: die jetzt durch bisherige Prävention nicht erreicht wurden zum Beispiel.

00:04:14: Oder eben dennoch straffällig geworden sind?

00:04:17: Und da ist zunächst mal so eine Grundlage dafür.

00:04:20: Da sind die justiziellen Sanktionen.

00:04:24: Also es kommt um oder aufgrund von einer Straftat

00:04:27: zu einem Gerichtsverfahren und das Gericht verhängt eine Strafe, also

00:04:30: zum Beispiel Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe,

00:04:33: was dann heißen kann, dass die Person ins Gefängnis muss,

00:04:36: sofern die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt ist.

00:04:40: Und das ist auch, glaube ich den meisten klar, dass es diese Sanktion gibt.

00:04:43: Aber die weiterführende Frage ist dann natürlich

00:04:46: Was geschieht dann eigentlich mit dem Menschen?

00:04:49: Wollte ich gerade sagen,

00:04:49: weil jetzt hast du Sanktionen beschrieben, aber das ist ja nicht das,

00:04:52: was wir klassischerweise als Intervention verstehen.

00:04:55: Genau.

00:04:56: Also die Intervention, die finden quasi dann im Rahmen der Sanktion statt.

00:05:00: Also nicht immer.

00:05:01: Aber es gibt auch Interventionen, die nicht an Sanktion gekoppelt sind.

00:05:06: Aber häufig ist das so der Anlass.

00:05:09: Genau was?

00:05:10: Was macht man dann mit Menschen, die zum Beispiel in Haft sitzen

00:05:12: und sperrt jetzt die Leute ja nicht einfach ein

00:05:14: und wartet dann, bis die Zeit vorbei ist, sondern da gibt es eben vielfältige

00:05:20: Ansätze, dass meistens so ein Bündel von Maßnahmen

00:05:23: da, was dann die Inhaftierten erfahren.

00:05:25: Und da gibt es so ganz allgemein stabilisierende Aspekte,

00:05:30: also so was wie Qualifizierung für den Arbeitsmarkt zum Beispiel, also

00:05:34: dadurch, dass man

00:05:36: in Haft einen Schulabschluss machen kann oder einen Beruf erlernen kann.

00:05:40: Oder es gibt beratende

00:05:42: Maßnahmen, zum Beispiel Schuldnerberatung oder Suchtberatung.

00:05:45: Wichtig ist dann auch, etwas später passiert, also zum Beispiel

00:05:49: das Übergangsmanagement und die Freiheit, Wenn so die Haftstrafe aufs Ende zugeht.

00:05:56: Man setzt da auch an verschiedenen Stellen an

00:05:58: und versucht natürlich, den Übergang möglichst gut vorzubereiten

00:06:02: und die Inhaftierten so zu stabilisieren und die Lebensbedingungen so auszurichten,

00:06:06: dass es eben weniger wahrscheinlich ist, dass der Straftaten resultieren.

00:06:10: Aber über diese,

00:06:13: quasi diese stabilisierende Maßnahmen hinaus

00:06:16: gibt es häufig eben auch psychologische Behandlungsansätze.

00:06:20: Und die setzen

00:06:20: dann an diesen ganz konkreten Ursachen für das Zustandekommen der Straftaten an,

00:06:25: Das ist natürlich unterschiedlich, also was das für Ursachen sind.

00:06:28: Aber es gibt dabei schon so Behandlungsprogramme,

00:06:32: die auf bestimmte Tätergruppen abzielen, also wie zum Beispiel Gewaltstraftäter.

00:06:36: Okay,

00:06:37: und die sind dann wahrscheinlich auch Teil der Rechtspsychologie,

00:06:39: die gerade beschrieben hast, stelle ich mir auch ziemlich interdisziplinär vor.

00:06:43: Tatsächlich?

00:06:43: Also ich denk an sozial.

00:06:47: Sozialarbeiter Danke dir.

00:06:49: Genau.

00:06:49: Und Sozialarbeiter genau da auch noch einen großen Anteil stellen. Ja.

00:06:52: Genau, genau.

00:06:53: Also das ist kann man sich dann vorstellen

00:06:54: so in der Haft Einrichtung der Justizvollzugsanstalt.

00:06:58: Da arbeiten diese Professionen ja häufig zusammen und übernehmen

00:07:02: unterschiedliche Teilaufgaben.

00:07:03: Juristen zum Beispiel Juristen, sie sind spielen

00:07:07: auch oft eine wichtige Rolle in so einer Einrichtung.

00:07:11: Genau diese Behandlung der Straftäter,

00:07:13: das ist dann oft eben eine psychologische Aufgabe.

00:07:16: Und da gibt es für Gewaltstraftäter,

00:07:18: für Sexualstraftäter eben auch spezifisch ausgerichtete Programme

00:07:22: und insofern schon diese Unterteilung gewissermaßen nach und nach Tätergruppen.

00:07:26: Das war ja Teil deiner Frage.

00:07:29: Okay, verstehe.

00:07:30: Aber wenn man jetzt so eine

00:07:32: Behandlungsplan hat, dann geht es da nicht nur um die Art der Straftat.

00:07:36: Also man versucht möglichst den hohen Grad an Individualisierung auch zu erreichen

00:07:41: und dafür spielen eben auch viele andere Merkmale eine Rolle.

00:07:45: Wenn man sich jetzt Jugendliche zum Beispiel anguckt,

00:07:48: mit denen wird

00:07:48: noch ganz anders umgegangen in verschiedener Hinsicht

00:07:52: als mit Erwachsenen, also auch so auf strafprozessuale Ebene,

00:07:56: weil man eben davon ausgeht, dass man die noch besonders gut beeinflussen kann.

00:08:00: Zumindest hofft man das,

00:08:01: dass man da noch mehr auf die Entwicklung auch einwirken kann.

00:08:06: Okay, ja, perfekt.

00:08:07: Also das Thema Jugend Delinquenz

00:08:08: hatten wir auch beim letzten Mal schon angesprochen.

00:08:10: War das dann ja jetzt auch im Rahmen der Präventionsmaßnahmen mal begonnen.

00:08:14: Wir haben auch darüber gesprochen, dass das Grenzen austesten und ja auch mal

00:08:17: Grenzen überschreiten Teil des normalen Entwicklungsprozesses ist.

00:08:21: Bei manchen bleibt dieser Hang dazu aber und bei manchen eben nicht.

00:08:24: Jetzt hast du gerade schon gesagt, es gibt besondere Maßnahmen,

00:08:27: aber was für Gründe gibt es denn dafür, dass sozusagen

00:08:30: er sich der eine von dem Prozess schnell wieder löst und der andere doch?

00:08:35: Ja im Delinquenz Verfahren stecken bleibt?

00:08:38: Ja, da.

00:08:40: Also genau das stimmt in gewisser Weise, dass es diese Arten von Verläufen gibt.

00:08:45: Aber es ist eigentlich nicht so, dass

00:08:48: da quasi so ein Hang erhalten bleibt, den jetzt die anderen wieder verlieren,

00:08:52: sondern das sind eigentlich so zwei grundsätzlich verschiedene

00:08:57: Entwicklungsprozesse oder Hintergründe, die dahinter stehen.

00:09:00: Und die sind zumindest so auf theoretischer Ebene lassen

00:09:03: die sich gut trennen?

00:09:04: In Wahrheit gibt es natürlich immer Graubereich und Dinge dazwischen.

00:09:09: Und um das zu verstehen, können wir aber vielleicht noch mal ganz kurz

00:09:12: auf diese jugendtypische Delinquenz einmal schauen.

00:09:15: Schon mal gesagt hatten Das ist im Grunde genommen ein

00:09:18: ja gewissermaßen normales Phänomen, auch wenn es natürlich Unerwünschtes

00:09:22: im Einzelfall und auch mal schwerwiegendere Konsequenzen hat.

00:09:26: Aber es ist ja im Rahmen der Entwicklung quasi was, was auch Typisches.

00:09:32: Das jugendliche ab und zu Straftaten begehen.

00:09:35: Da spielen bestimmte Bedürfnisse eine Rolle.

00:09:38: Hatten wir schon mal drüber gesprochen.

00:09:40: Kurz soziale Anerkennung durch Gleichaltrige zum Beispiel.

00:09:43: Es geht um Entwicklung von Identität, von Autonomie.

00:09:47: Und es gibt noch einen anderen wichtigen Aspekt.

00:09:49: Den habe ich das letzte Mal, glaube ich, nur so ganz kurz angerissen,

00:09:52: der es aber für das Verständnis hier recht zentral.

00:09:55: Es gibt auch was die Hirnentwicklung anbelangt,

00:09:59: so eine gewisse Reifungslücke innerhalb der Phase der Adoleszenz.

00:10:04: Das ist so der Altersbereich zwölf Jahre bis 20 Jahre

00:10:07: in etwa und in der Zeit, da verändert sich das Gehirn

00:10:11: ziemlich stark, also

00:10:13: strukturiert sich gewissermaßen um.

00:10:15: Und das führt dann zum einen dazu, dass Jugendliche

00:10:20: so ein gesteigertes Bedürfnis haben nach intensiven Erlebnissen,

00:10:24: nach Ratifikation, also deutlich

00:10:27: Dinge spüren, die sich gut anfühlen könnten.

00:10:30: Und dazu kommt dann ungünstigerweise

00:10:33: so eine andere Eigenschaft der Hirn entwicklung, nämlich dass so diese

00:10:37: Bereiche Verhandlungsplanungen, Verhandlungsregulation,

00:10:40: dass die sich erst so nach und nach,

00:10:43: das heißt also so, diese Stop

00:10:45: and think Systeme könnte man sagen,

00:10:48: die eigentlich dazu führen, dass man so innehält in einer Situation,

00:10:52: sagt Moment noch mal, Na, ist vielleicht jetzt doch nicht so eine gute Idee, oder?

00:10:56: Zu welchem Problem kann das führen?

00:10:58: Diese Funktion, die entwickeln sich eben erst übers.

00:11:02: Ja, bis ins junge Erwachsenenalter hinein.

00:11:04: Das ist dann auch mit ein Grund.

00:11:06: Also diese Reifung Lücke

00:11:08: für die kommt natürlich bei Jugendlichen, die dann eben sich ausgleicht.

00:11:11: Okay, also so ein Thrill sozusagen Wunsch, den man

00:11:15: dann, dem man dann gerne nachgehen möchte.

00:11:17: Ja, genau, das Sensationsbedürfnis, einfach ein Erlebnis bedürfnis.

00:11:23: Ja, und

00:11:24: das betrifft aber jetzt eben nicht alle

00:11:27: alle Jugendlichen, sondern es ist ja auch gerade gesagt,

00:11:29: es gibt eine kleine Gruppe,

00:11:31: die auch längerfristig Straftaten begeht und oft dann auch mit gewisser Häufigkeit

00:11:35: und auch in schwerwiegender Form, also Raub, Delikte

00:11:39: und dieses Verhalten, das kann sich dann eben auch verfestigen

00:11:44: zu so einem regelrechten sozialen Lebensstil.

00:11:48: Und der ist dann oft auch geprägt von vielfältigen Problemen

00:11:51: und unter anderem eben Kriminalität.

00:11:54: Du hast es ja vorhin schon angesprochen, ganz kurz mal,

00:11:57: dass es natürlich im Rahmen von Jugendstrafgesetz und so

00:12:01: unterschiedliche oder andere Maßnahmen

00:12:03: gibt, mit Straftätern dann jugendlichen Straftätern umzugehen.

00:12:07: Also die werden ganz anders verurteilt und auch gehandhabt als Erwachsene.

00:12:11: Woran liegt das?

00:12:12: Und außer sozusagen das Jugendstrafrecht,

00:12:15: was man kennt aus dem aus dem normalen Sprachgebrauch?

00:12:18: Was für Möglichkeiten gibt es denn hier Ja erfolgreich

00:12:22: dann am Ende nicht nur zu verurteilen, sondern eben dann auch zu intervenieren.

00:12:26: Hm. Ja, ja, genau. Also das, das Stichwort.

00:12:29: Du hast das gerade schon was Jugendstraf recht, oder?

00:12:31: Eigentlich ist es das sogenannte Jugendgerichtsgesetz, was dahinter steht.

00:12:36: Und das findet Anwendung bei Jugendlichen.

00:12:39: Also das ist der Alterszeitraum von 14 bis einschließlich 17 Jahre.

00:12:43: Ist das gesetzlich?

00:12:44: Ja, davor ist man Kind und da ist man noch prinzipiell straf unmündig.

00:12:49: Und dieses Jugendgerichtsgesetz, das kann auch unter bestimmten Bedingungen

00:12:52: auf Heranwachsende angewendet werden.

00:12:54: Also das sind dann die Menschen zwischen 18 und einschließlich 20 Jahren.

00:12:59: Ah, okay.

00:13:00: Also genau das sind ja klar definierte Altersbereiche

00:13:03: und es gibt bestimmte Bedingungen dann für die Anwendung auf Heranwachsende.

00:13:07: Also wenn sie dann zum Zeitpunkt der Tat noch in der

00:13:11: geistigen und sittlichen Reife auf dem Stand eines Jugendlichen sind,

00:13:15: zum Beispiel ist eine Bedingung, oder wenn es eine jugendtypische Verfehlung

00:13:19: ist, dann kann auch der Heranwachsenden

00:13:21: noch das Jugendgerichtsgesetz angewendet werden.

00:13:24: Und da ist jetzt die Frage Was hat es damit auf sich?

00:13:27: Also was, was soll dieses genau eigentlich bezwecken?

00:13:32: Und da gibt es einen, dann ein ganz grundlegendes Prinzip

00:13:35: sozusagen, das diesem ganzen Gesetz zugrunde liegt.

00:13:37: Und das ist der Erziehungsgedanke. Okay.

00:13:40: Und das heißt also, die Anwendung von Bundesgesetz

00:13:43: ist darauf ausgerichtet, erzieherisch einzuwirken

00:13:47: auf den oder die jugendliche Straftäter, immer Straftäter.

00:13:51: Also auch schon im Sinne von Intervention.

00:13:54: Im Gegensatz zu ich sage nach einer normalen Haft für Erwachsene.

00:13:57: Ja genau.

00:13:58: Wobei also da gibt es das auch, da spielt es

00:14:01: nur nicht so eine vordergründige Rolle wie im Jugendstrafrecht.

00:14:05: Also vielleicht kann ich so ganz kurz mal was zu den Strafzwecken erzählen.

00:14:09: Also was soll eigentlich Strafe

00:14:12: bezwecken oder bewirken?

00:14:14: Also es gibt zum einen gibt es einen Sprenger,

00:14:18: also einen Zweck von Strafen ist der Schuldausgleich,

00:14:21: also jemand hat was schlimmes gemacht und er soll jetzt dafür büßen.

00:14:25: Und das ist quasi so eine Art Schuld ausgleich zwischen Tätern und Opfern

00:14:29: oder Tätern und Gesellschaft.

00:14:31: Und das ist ein Zweck von Strafe, ist aber bei weitem nicht der einzige,

00:14:36: sondern ein ganz anderer wichtiger Bereich.

00:14:38: Ist Prävention.

00:14:39: Und da unterteilt man in In Straf zweck Theorien eigentlich so zwei

00:14:44: übergeordnete Zwecke, nämlich Generalprävention und Spezialprävention

00:14:49: und Generalprävention, richtet sich auf die Bevölkerung.

00:14:52: Es hat gar nichts zu tun mit den Täterinnen und Täter,

00:14:55: sondern da geht es dann darum,

00:14:58: das Vertrauen in den Rechtsstaat zu bestärken,

00:15:00: also dadurch, dass Recht umgesetzt wird, dass eine Strafe erfolgt.

00:15:05: Das ist positive Generalprävention.

00:15:08: Ja, und zum anderen

00:15:10: gibt es dann die negative Generalprävention.

00:15:12: Da geht es darum, Menschen abzuschrecken

00:15:15: dadurch, dass man eben Normbrüche unter Strafe stellt,

00:15:19: also androht, Wenn du dies und das machst, dann erfolgt darauf eine Strafe

00:15:23: und daneben gibt es denen die Spezialprävention und die richtet

00:15:26: sich eben allein auf die Täterinnen oder den Täter.

00:15:29: Und da gibt es auch positive und negative Form und die negative Spezialprävention.

00:15:34: Da geht es quasi darum, die Bevölkerung zu schützen,

00:15:38: dadurch, dass man die Täter einsperrt.

00:15:41: Und daneben gibt es dann die positive Blitzerprävention.

00:15:45: Und da geht es dann darum, die Täter oder die Täterinnen positiv zu beeinflussen.

00:15:49: Also eben da jetzt zu verhelfen,

00:15:51: zukünftig möglichst keine Straftaten mehr zu begehen,

00:15:54: Trainings, Kurse, Therapieangebote usw und das Jugendstrafrecht,

00:15:58: das ist eben in erster Linie auf diese positive Spezialprävention ausgerichtet.

00:16:03: Das heißt, da geht es also überhaupt nicht um Schuldausgleich.

00:16:07: Es geht nicht um Signale an die Bevölkerung.

00:16:10: Verstanden?

00:16:11: Und es geht auch nicht darum, die Jugendlichen einfach wegzusperren,

00:16:14: damit sie erst mal für eine Weile

00:16:15: keinen Mist mehr machen, sondern eben um diese positive Beeinflussung.

00:16:20: Und genau dafür gibt es eben besondere Mittel.

00:16:23: Also das Jugendgerichtsgesetz hat eine breitere Sanktionspalette.

00:16:27: Man kann als Gericht viel flexibler

00:16:30: und viel individueller reagieren.

00:16:34: Okay, also das ist mir echt komplett neu sozusagen.

00:16:38: Also von der von der Lesart auch super spannend an der Stelle.

00:16:42: Ähm, ja, cool.

00:16:45: Ja, also könntest du noch 1000 Sachen zu erzählen.

00:16:47: Aber ich habe natürlich auch noch ein paar andere Fragen,

00:16:50: die ich dir gerne stellen möchte.

00:16:52: Und eine Frage würde ich dir einfach gerne aus persönlichem Interesse

00:16:56: auch stellen in der Recherche zur heutigen Folge.

00:16:59: Wenn ich tatsächlich im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen

00:17:02: über den Begriff Intensivtäter gestolpert,

00:17:05: den ich vorher überhaupt nicht in diesen Zusammenhang gebracht hätte,

00:17:08: sondern wirklich eher mit Gewalt, Delinquenz in Verbrechen gebracht hätte.

00:17:13: Kannst du uns das mal erklären, wie das zusammengehört?

00:17:16: Und ja, den Begriff natürlich auch noch einmal wissen einordnen?

00:17:20: Ja, gerne.

00:17:21: Also das ist ein Begriff, der kommt ursprünglich

00:17:25: nicht aus der Wissenschaft, sondern hat eigentlich eher so einem

00:17:28: er kriminal politischen Kontext wurde der geprägt und dann auch

00:17:32: von den Medien öfter aufgegriffen und hat sich eher auf dem Weg etabliert.

00:17:36: Aber es gibt da mittlerweile natürlich auch viel Forschung dazu

00:17:39: und auch die verwendet dann eben diesen Begriff intensiv Täter,

00:17:42: weil sie sich da auf dieses Phänomen dann auch bezieht.

00:17:45: Und gemeint sind damit eigentlich einfach nur Personen,

00:17:49: die besonders häufig mit Straftaten in Erscheinung treten, also

00:17:54: in kriminal politischer Hinsicht oder auch in kriminal

00:17:56: präventiver Hinsicht da sind, ist das eine ganz wichtige Gruppe,

00:18:00: weil sich gezeigt hat in Untersuchungen,

00:18:04: das ist eine sehr kleine Gruppe von Personen, gibt also so 5 bis 10 %

00:18:09: der Bevölkerung, die für mehr als die Hälfte der Straftaten verantwortlich ist.

00:18:13: Ach Quatsch.

00:18:14: Also es gibt ganz wenige Personen, die aber sehr aktiv sind

00:18:18: und dadurch eigentlich die Polizei und die Justiz dann sehr auf Trab halten.

00:18:22: Und daran anzusetzen und zu sagen ist eigentlich die Idee

00:18:26: von solchen Konzepten oder Programmen, die auf Intensivtäter da abzielen.

00:18:31: Okay, also gibt es dann dazu vermutlich auch noch mal, um den Bogen zur

00:18:35: zum vorherigen zu schlagen gesonderte Präventions und Interventionsprogramme.

00:18:39: Wenn so eine Art von Intensivtäter schaft festgestellt wird.

00:18:44: Ja, genau.

00:18:44: Also diese, diese Programme, die spielen sich eigentlich ab

00:18:47: im Handlungsfeld der Polizei.

00:18:50: Das sind so also die Polizeien in den Bundesländern, die haben jetzt

00:18:54: mittlerweile Flecken flächendeckend so Intensivtäter Programme installiert

00:19:00: und die sehen dann besonderen Umgang vor

00:19:01: mit, also vor allen Dingen Jugendlichen oder jungen Intensivtätern

00:19:05: und da werden dann bestimmte Kriterien festgelegt,

00:19:09: die dazu führen, dass eine Person als Intensivtäter eingestuft wird.

00:19:13: Und das ist auch nicht einheitlich.

00:19:15: Bundesweit, sondern da gibt es eben zwischen den Bundesländern

00:19:19: auch teilweise erhebliche Unterschiede.

00:19:22: Was da aber meistens eigentlich eine Rolle spielt, ist eine bestimmte Häufigkeit

00:19:25: von Straftaten und es wird die Schwere berücksichtigt.

00:19:28: Dabei macht also einen Unterschied,

00:19:30: ob ich achtmal Ladendiebstahl begangen habe oder

00:19:34: acht Mal einen Raub oder eine Körperverletzung.

00:19:37: Und dann wird üblicherweise auch so eine Prognose mit

00:19:42: da einbezogen, dass man also ausgeht bei diesen Personen, davon,

00:19:46: dass sie den ungünstigen weiteren Entwicklungsverlauf machen

00:19:49: und dann werden die eingestuft, also Intensivtäter auf dieser Basis

00:19:53: und die Polizei hat da quasi, also die oder die Polizeien.

00:19:56: Das sind eben verschiedene Konzepte, Programme,

00:19:59: die haben das ganz unterschiedlich ausgerichtet.

00:20:01: Also es sind häufig so abschreckende Merkmale,

00:20:05: also zum Beispiel Gefährderansprachen, wo einfach angekündigt wird,

00:20:10: dass jetzt die ein besonderes Augenmerk quasi auf die Person gerichtet wird,

00:20:16: also besonders.

00:20:17: Intern, polizeiintern.

00:20:19: Genau.

00:20:20: Also zum einen intern ja, dass man dort zum Beispiel

00:20:24: die Sachbearbeitung bündelt bei einer Person,

00:20:27: damit alles, was auffällt, auch bei derselben Person landet.

00:20:31: Und da der Überblick bleibt, war aber auch in der Zusammenarbeit

00:20:34: zum Beispiel mit der Staatsanwaltschaft verstehe, dass es häufig ein

00:20:38: ein Element, dass man versucht dann eine besonders konsequente

00:20:44: Zusammenarbeit und Reaktion

00:20:46: seitens der Staatsanwaltschaft auch noch herbeizuführen.

00:20:50: Okay, also ist der Begriff Intensivtäter sozusagen

00:20:54: nicht auf Kinder und Jugendliche beschränkt, sondern

00:20:56: er wird dort mal erstmalig auch schon verwendet, um dann

00:21:00: vielleicht auch sehr früh schon anzusetzen

00:21:03: in einer besonderen Art von Prävention und ja.

00:21:06: Also es sind meistens sind diese Programme auf junge Menschen ausgerichtet.

00:21:12: Das sind nicht unbedingt nur Jugendliche, sondern können auch junge Erwachsene

00:21:15: ja meistens ist so der Oberbegriff sind eigentlich junge Mehrfach

00:21:19: und Intensivtäter.

00:21:20: Es gibt auch Programme, die dann sogar noch früher ansetzen.

00:21:24: Aber da gibt es eben

00:21:26: keine strafrechtlichen Möglichkeiten, also bei Kindern dann zu sanktionieren.

00:21:30: Aber da gibt es teilweise auch in Zusammenarbeit mit der Polizei

00:21:33: dann Programme, die versuchen dann eher präventiv einzuwirken.

00:21:38: Und auch diese Intensivtäter Programme haben zum Teil präventive Elemente.

00:21:41: Also es ist zum Teil schon so, dass dann eine Zusammenarbeit mit der Schule

00:21:44: zum Beispiel mit Jugendhilfeeinrichtungen

00:21:49: vorgesehen ist und auch umgesetzt wird.

00:21:51: Also es ist nicht rein repressiv, aber so, wenn man sich die Landschaft

00:21:55: der Konzepte mal so anschaut, dann überwiegt eher dieser repressive Ansatz.

00:22:00: Kannst du denn noch mal ganz kurz sagen, was für genaue Sanktion es

00:22:04: dann gibt im Jugendstrafrecht?

00:22:05: Wie die sich unterscheiden auch?

00:22:07: Ja, also es geht damit los.

00:22:10: Zunächst einmal gibt es die Möglichkeit zur Diversion nennt sich das.

00:22:14: Dahinter verbirgt sich das Strafverfahren gegen Jugendliche.

00:22:18: Einfach eingestellt werden können, wenn sich das um

00:22:20: leichte Delikte handelt, mit geringen Folgen.

00:22:23: Und das ist ein Mittel. Das nutzt man

00:22:26: üblicherweise, wenn Jugendliche so erstmals auffällig werden.

00:22:29: Und wenn dann der Eindruck entsteht,

00:22:30: diese direkten Konsequenzen, die jetzt irgendwie schon erfolgt sind,

00:22:35: die der

00:22:35: Jugendliche als Jugendlicher erfahren hat, die waren eigentlich schon ausreichend.

00:22:39: Oder es ist auch so

00:22:40: ein ernsthaftes Bestreben zu erkennen, da einen Ausgleich

00:22:43: mit dem Opfer herzustellen.

00:22:44: Dann versucht man eben nach Möglichkeit so Etikettierung sprozesse

00:22:49: gar nicht erst entstehen zu lassen.

00:22:50: Also dass jemand unnötig als Straftäter stigmatisiert wird,

00:22:54: weil das auch schädlich sein kann.

00:22:56: Und dann versucht man natürlich auch, Ressourcen bei der Justiz einzusparen.

00:23:00: Dass es dann diese Diversion als Besonderheit.

00:23:03: Dann gibt es als nächstes Erziehungsmaßregeln.

00:23:07: Das sind zum Beispiel Weisungen,

00:23:10: die so ein Gericht erteilen kann, also zum Beispiel Arbeitsleistung.

00:23:13: Das, was man so als Sozialstunden oft auch bezeichnet.

00:23:17: Oder es kann zum Beispiel auch die Weisung geben,

00:23:19: eine Ausbildungsstelle anzunehmen oder eine Arbeitsstelle

00:23:23: oder an einem Trainingskurs teilzunehmen, zum Beispiel.

00:23:27: Oder mit bestimmten Leuten nicht mehr zu verkehren oder

00:23:30: bestimmte Orte nicht mehr aufzusuchen.

00:23:32: Das wären so, so denkbare Weisungen oder auch bestimmte Hilfen zur Erziehung.

00:23:36: Das sind so Maßnahmen aus der Jugendhilfe, die in Anspruch zu nehmen zum Beispiel.

00:23:42: Dann gibt es noch eine Kategorie von Sanktion ist sozusagen die nächst

00:23:46: schwerere oder schärfere, dessen ziemlich veraltet klingender Begriff.

00:23:50: Das sind die Zucht mittel.

00:23:54: Dazu gehören bestimmte Auflagen.

00:23:57: Also zum Beispiel kann ein Gericht

00:23:59: die Auflage geben, den verursachten Schaden wiedergutzumachen.

00:24:04: Okay, und was da auch mit gehört zu den Suchtmitteln, das ist Jugendarrest.

00:24:09: Das heißt, dass Jugendliche eingesperrt werden für kurze Zeiträume,

00:24:13: also Wochenenden zum Beispiel bis maximal zu vier Wochen in einer Arrestanstalt.

00:24:19: Also das ist dann kein Gefängnis in dem Sinne,

00:24:22: aber es ist so ein kurzer Freiheitsentzug

00:24:26: und die härteste Sanktion wäre dann eben das Gefängnis.

00:24:29: Dazu kann es natürlich auch kommen bei Jugendlichen,

00:24:32: auch wenn die Schwelle dafür recht hoch ist.

00:24:34: Das wäre dann der Fall, wenn jetzt mildere Sanktion

00:24:38: bislang einfach überhaupt nicht gewirkt haben

00:24:40: oder wenn eine besonders schwere Schuld

00:24:43: davor liegt, jemand durch sein Handeln, die Art und Weise,

00:24:47: wie er vorgehen gegangen ist und besonders schwere Schuld auf sich geladen hat.

00:24:51: Und man versucht es aber bis dahin normalerweise,

00:24:54: Gefängnisstrafen bei Jugendlichen nach Möglichkeit zu vermeiden.

00:24:57: Also ich bring jetzt dann auch Intensivtäter mit.

00:25:01: Vorhin hast du gesagt, dauerhaft persistent im Verhalten in Verbindung.

00:25:05: Wir haben vorhin schon mal über die Gründe gesprochen.

00:25:08: Jetzt interessiert mich aber doch noch mal so ein kleiner Dieb dürfte tatsächlich

00:25:12: warum aus welchen Gründen passieren

00:25:15: denn diese ich sag mal falschen Abbieger?

00:25:18: Ja, verstehe.

00:25:20: Also noch

00:25:21: eine Sache Intensivtäter sind nicht zwangsläufig,

00:25:25: haben nicht zwangsläufig per PC stierendes soziales Verhalten,

00:25:28: heißt es auch gibt es auch mitunter spontane Abbrüche.

00:25:32: Und es ist nicht so, dass jemand, nur weil er in der Jugend

00:25:36: sehr stark auffällig ist, das dann auch zwangsläufig bleibt.

00:25:40: So, aber es gibt natürlich diese Fälle.

00:25:43: Also es gibt natürlich die, die schon früh auffällig werden und dann

00:25:45: auch in hohem Maße auffällig werden und die das dann auch über lange Zeit

00:25:50: bis weit ins Erwachsenenalter hinein aufrechterhalten sind.

00:25:56: Die werden teilweise auch als live kursresistent auf anders bezeichnet.

00:26:00: Da gab es mal eine sehr, sehr einflussreiche

00:26:03: Untersuchung von Terry Moffat.

00:26:06: Das ist eine Kriminologin und Psychologin.

00:26:09: Die hat unlängst Schnittuntersuchungen gemacht und daran mitgewirkt, wo man

00:26:13: Kinder

00:26:15: intensiv über Jahrzehnte beobachtet

00:26:17: hat, um dann solche Entwicklungsverläufe

00:26:20: quasi zu identifizieren und sich auch da die Ursachen anzuschauen.

00:26:24: Und da gibt es eben diese, diese Gruppe, der Live Kurs persistent auf Handys

00:26:29: und da weiß man jetzt mittlerweile recht gut darüber Bescheid.

00:26:32: Aber dass diese Entwicklung von solchen überdauernden sozialen Verhalten,

00:26:37: dass das ein Muster ist und komplexes Muster aus

00:26:41: ganz vielen verschiedenen Risikofaktoren, das sind biologisch

00:26:44: sche Faktoren, psychologische Faktoren und soziale Faktoren.

00:26:48: Und die treten dann eben besonders gehäuft auf in diesen Fällen

00:26:52: und erstrecken sich auch so über die ganze Entwicklungsspanne.

00:26:56: Also das geht los mit biologischen Faktoren,

00:26:59: die schon vor der Geburt vorliegen können, also zum Beispiel

00:27:02: so was wie Drogenkonsum der Mutter während der Schwangerschaft zum Beispiel

00:27:06: oder auch bestimmte genetische Veranlagung.

00:27:09: Also es gibt jetzt kein Kriminalitätsgen in dem Sinne,

00:27:13: also so ist es nicht gemeint, aber es gibt bestimmte genetische Prädisposition,

00:27:18: die führen zur Entwicklung von Problemen bei Kleinkindern, also.

00:27:22: Im Sinne von Persönlichkeit zum Beispiel auch und genauer.

00:27:25: Im Sinne von Persönlichkeit, Also so bestimmte Temperaments Eigenschaften.

00:27:29: Ja, was wie Impulsivität zum Beispiel oder auch andere Eigenschaften,

00:27:33: die einfach es schwierig machen Kinder zu händeln.

00:27:37: So eine negative Grundstimmung oder

00:27:40: sehr instabile emotionale

00:27:45: oder oder einfach schnell wechselnde Emotionen,

00:27:48: geringe Rhythmik,

00:27:49: was so Schlaf Wach Rhythmus angeht, also ganz viele Eigenschaft

00:27:51: ist also ein Bündel von Temperaments.

00:27:53: Eigenschaften, die dazu führen, dass einige Kinder schwerer handelbar sind.

00:27:57: Und das setzt sich dann fort.

00:27:59: Also diese Kinder haben ein höheres Risiko,

00:28:01: zum Beispiel misshandelt zu werden und erfahren auch häufiger

00:28:04: negative Rückmeldungen aus ihrer sozialen Umwelt.

00:28:08: Das begegnet sich dann wahrscheinlich immer wieder gegenseitig.

00:28:10: Na ja.

00:28:11: Genau genommen, dass es quasi ein Zweig und dann sieht man ja,

00:28:15: also diese biologischen Faktoren sind eigentlich keine unmittelbaren Ursachen,

00:28:19: die führen nicht direkt zu Kriminalität, aber eben indirekt.

00:28:23: Und so gibt es zum Beispiel auch Milieufaktoren.

00:28:26: Es gibt das sogenannte Multi Problem Milieu, das ist quasi so eine Anhäufung

00:28:31: von verschiedenen sozio strukturellen

00:28:35: Merkmalen, So was wie Bildungsferne,

00:28:38: Arbeitslosigkeit, Armut, Substanzabhängigkeiten

00:28:41: in der Familie zum Beispiel hat man gehäuft da und das ist auch so was.

00:28:45: Es führt nicht unmittelbar zu dem sozialem Verhalten,

00:28:48: in diesen Bedingungen aufzuwachsen.

00:28:49: Aber es erschwert natürlich die Entwicklung auf einem indirekten Weg.

00:28:54: Das werden so frühe Faktoren.

00:28:56: Dann gibt es familiäre Risikofaktoren,

00:29:00: die sind vor allen Dingen in der Kindheit wichtig, die sind ganz essenziell.

00:29:03: Da gehört zum Beispiel so was zu wie Mangel

00:29:06: an elterlicher Fürsorge und an Unterstützung.

00:29:09: Oder dass Eltern ihre Kinder nicht beaufsichtigen,

00:29:12: also nicht wissen, wo die eigentlich sind oder was machen.

00:29:15: Mit wem sie sich rumtreiben.

00:29:16: Genau das machen ja,

00:29:18: und das hat natürlich auch einen Einfluss und dann natürlich auch Misshandlung,

00:29:23: also physische Misshandlung, aber auch emotionale Misshandlung.

00:29:27: Ein ganz wesentlicher Risikofaktor.

00:29:30: Konflikte zwischen den Eltern, psychische Erkrankungen der Eltern,

00:29:34: einfach um so einige zu nennen.

00:29:35: Das sind so Probleme aus dem familiären Bereich

00:29:39: und das alles zusammen wirkt sich häufig dann auf die soziale Entwicklung aus

00:29:45: und auch auch auf die kognitive Entwicklung

00:29:47: und führt zum Beispiel dazu, dass diese Kinder und Jugendlichen

00:29:52: und es bleibt dann oft auch so, dass die eine feindselig gefärbte

00:29:56: Informationsverarbeitung haben, also

00:29:58: so in sozialen Situationen

00:30:01: zum Beispiel eher davon ausgehen, dass andere ihnen was Böses wollen.

00:30:05: Achtung also die Handlungen von anderen ja eher feindselig interpretieren.

00:30:11: Also auch wahrscheinlich dann feindselig fehlinterpretieren.

00:30:14: Genau genommen

00:30:16: also in ambivalenten Situationen zum Beispiel warum wird angerempelt?

00:30:20: Ja vielleicht im Bus aus Versehen auszugehen,

00:30:23: das war Absicht oder Blickkontakt, Nein, eher Provokation wahrzunehmen.

00:30:27: Genau solche Dinge.

00:30:29: Das heißt, die Welt sieht dann anders aus aus Sicht dieser Person.

00:30:33: Und das setzt sich dann fort,

00:30:34: so in der sozialen Informationsverarbeitung zum Beispiel,

00:30:38: was so die Zielsetzung anbelangt.

00:30:40: Also man setzt dann eher so egozentrische Ziele,

00:30:43: also zum Beispiel wichtiger das Gesicht zu wahren.

00:30:46: Als es erwischt zu werden.

00:30:47: Also solche Dinge.

00:30:49: Und das sind natürlich Punkte, an denen nachher auch Prävention und

00:30:53: auch Straftäter Behandlung nachher bei gewissen Straftätern

00:30:56: zum Beispiel auch ansetzen kann.

00:30:57: Also was aufzulösen.

00:30:59: Ja, sehr gut vorstellbar. Ja,

00:31:02: dann zeigt sich auch ein anderes Handlungsrepertoire.

00:31:05: Meistens ist das dann so, dass die Kinder und Jugendlichen eben weniger sozial

00:31:09: angemessene Verhaltensweisen haben, so Lösungswege entwickelt haben

00:31:13: und auch eher eine unrealistische Einschätzung,

00:31:17: was so die Folgen von sozialem Verhalten angeht.

00:31:19: Also die gehen eher davon aus, dass das erfolgreich ist und haben eher so die,

00:31:24: die die Auffassung ja, wenn ich dem jetzt eins auf die Nase gebe,

00:31:28: dann würde ich dadurch auch meine Ziele erreichen.

00:31:30: Dann klärt sich die Situation für mich und damit genau.

00:31:33: So nach dem Motto Und was passiert dann?

00:31:35: Ja, dann ist Ruhe.

00:31:38: Ja, jetzt

00:31:39: mal sehr einfach, aber in der Komplexität, wie du es gerade beschrieben hast,

00:31:43: natürlich ja nachvollziehbar aus der Sicht desjenigen

00:31:48: und viel schwerer nachvollziehbar

00:31:49: für jemanden, der eine andere Art von Sozialisation genau erhalten hat.

00:31:53: Genau.

00:31:54: Und das wirkt sich dann natürlich weiter aus.

00:31:56: Das hat Auswirkungen auf die Freizeit, zum Beispiel das es auch im Bereich

00:31:59: von Risikofaktoren, die das heißt also

00:32:03: Kinder, Jugendliche mit diesen Eigenschaften,

00:32:07: die verknüpfen sich auch eher mit anderen Gleichaltrigen,

00:32:11: die ähnliche Probleme haben,

00:32:12: weil sie mit denen er zurechtkommen, weil sie da nicht so stark abgelehnt werden.

00:32:17: Und das führt dann oft auch zu

00:32:19: oder leichter zumindest zu problematischen Freizeitaktivitäten.

00:32:22: Zum Beispiel wirkt sich aus auf die Schule.

00:32:24: Das ist ein anderer großer Bereich, wo so geringe

00:32:28: schulische Leistungen dann mitunter entstehen, negative Einstellung,

00:32:32: Schulschwänzer und solche Dinge und das wird wechselwirken.

00:32:36: Natürlich führt dann letztendlich dazu, das haben die Personen auch

00:32:41: manchmal Schulabbrüche haben oder einfach geringe berufliche Qualifikation.

00:32:46: Das hat dann wieder Folgen für so problematische Beschäftigungsverhältnisse.

00:32:50: Und so weiter. Spiralförmig?

00:32:52: Genau das alles sozusagen zusammenge genommen also diese

00:32:57: das soziale Umfeld

00:32:58: und auch die psychischen Besonderheiten der Probleme,

00:33:01: die führen dann eben in die Verfestigung von sozialem Verhalten,

00:33:06: das so vielleicht als Grund aufgrund dieser

00:33:09: ganz verschiedenen Wilhelms Bedingungen, die miteinander aber zusammenhängen.

00:33:14: Das hat glaube ich noch mal sehr sehr deutlich gemacht, sozusagen

00:33:17: wie vielfältig das auch ist, aber und an wie vielen Stellen man auch ansetzen kann.

00:33:21: Ja, genau jetzt das.

00:33:22: Ein ganz wichtiger Punkt vielleicht, sich da noch einen Satz zu.

00:33:25: Sagen, aber nur einen. Ein für das okay.

00:33:28: Also diese, diese Risikobedingungen,

00:33:32: die sind nicht deterministisch in dem Sinne,

00:33:35: dass es zwangsläufig so laufen muss,

00:33:38: sondern man hat ganz oft auch beobachtet, dass Kinder, Jugendliche, die unter so

00:33:42: Hochrisikobedingungen aufwachsen, sich trotzdem

00:33:45: gut entwickeln, gesund, frei strampeln sozusagen.

00:33:48: Genau.

00:33:48: Also Ressourcen widerstand, Kraft haben, um das abzufedern.

00:33:53: Also dieses Phänomen der Resilienz.

00:33:55: Und das ist natürlich dann auch ein super spannendes Forschungsgebiet,

00:33:58: nur um sich anzuschauen, was ist eigentlich mit denen los?

00:34:00: Also es ist keine Einbahnstraße, es ist nichts, was so passieren muss.

00:34:05: Fast schon ein ganz tolles Schlusswort ehrlicherweise.

00:34:08: Trotzdem möchte ich dich natürlich nicht davon entbinden,

00:34:11: dass für die sei Knowledge Folgen typische Fassbittet in drei Aussagen

00:34:16: kurz zusammen, was das Wichtigste heute für dich war.

00:34:19: Also insofern würde ich dich neben diesem tollen

00:34:21: Schlusswort noch mal ganz kurz bitten für die Schnelllerner unter uns.

00:34:25: Was sollen Sie heute aus dem Podcast aus der Folge mitgenommen haben?

00:34:29: Ja, also ein wichtiger Punkt, glaube ich, mit dem wir uns heute befasst haben,

00:34:33: war ja der Erziehungsgedanke im Jugendstrafrecht. Also

00:34:38: die Frage,

00:34:39: inwiefern geht eigentlich unser Strafrecht mit Jugendlichen besonders um?

00:34:43: Und haben wir dann festgestellt, dass Jugendliche und auch Heranwachsende

00:34:48: unter bestimmten Bedingungen auf die überwiegend rechts gesetzt

00:34:51: angewendet und das verfolgt eben primär

00:34:54: den Zweck, positiv

00:34:57: auf die Jugendlichen einzuwirken, das heißt also, durch die Art

00:35:00: und Weise des Gerichtsprozesses und durch die Urteile positiv einzuwirken.

00:35:04: Und dafür steht da eben eine wesentlich breitere Palette an Sanktionen

00:35:09: und flexiblere Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung.

00:35:13: Und der zweite Aspekt

00:35:15: waren die Intensivtäter, mit denen wir uns heute befasst haben.

00:35:19: Da war für mich wichtig zu verstehen, dass das keine natürliche Gruppe ist,

00:35:24: sondern ein Konstrukt.

00:35:25: Das ist etwas sind Definitionsprozess der Menschen

00:35:30: als Intensivtäter einstuft oder nicht einstuft.

00:35:33: Und es hat vor allen Dingen eben dieser kriminal politischen Hintergrund,

00:35:37: auf die Personen besonders einzuwirken, die sehr häufig auffällig sind.

00:35:41: Das also die Idee dahinter, was ist zum Beispiel nicht

00:35:44: zwangsläufig verknüpft mit so einer dauerhaften Auffälligkeit

00:35:47: und zwangsläufig diesem langfristigen des sozialen Lebensstil.

00:35:52: Und als drittes dann noch mal die Ursachen

00:35:55: also für die Entwicklung von dauerhafter,

00:35:59: stark ausgeprägter Dissozialität, also den Livekurs, wo sie dann laufen.

00:36:04: Das haben wir ja gesagt.

00:36:06: Da haben wir jetzt drüber gesprochen, dass diese Ursachen häufig eine An

00:36:10: Häufung sind von ganz verschiedenen biologischen,

00:36:14: psychologischen, sozialen Risikofaktoren,

00:36:17: die auf verschiedene Weise ineinander greifen.

00:36:19: Und die erstrecken sich eben über

00:36:21: die gesamte Entwicklungsspanne, bestehen zum Teil also vor der Geburt.

00:36:25: Schon aber betreffen das Milieu Familie, Freizeit, soziales Umfeld, Schule,

00:36:31: Erwerbsleben. Es ist eben ein komplexes

00:36:33: und langfristiges Zusammenwirken, was dann dazu führt.

00:36:37: Perfekt.

00:36:38: Ja, dann an dieser Stelle Dankeschön, Lars, für die gezielten Einblicke

00:36:42: oder gezielte in die Rechtspsychologie, die du uns heute gegeben hast.

00:36:45: Der Sänger und ja, Dir weiterhin

00:36:47: alles Gute in der Lehre, aber natürlich eben auch in der praktischen Arbeit.

00:36:50: Danke, dass du da warst. Es hat. Mich gefreut.

00:36:53: Danke sehr.

00:36:54: Ja, und dann schließe ich natürlich auch diese Folge.

00:36:57: Liebe Zuhörende mit dem Aufruf

00:36:59: Wenn ihr ein eigenes

00:37:00: Thema einbringen wollt oder mal mit mir ins Gespräch kommen möchtet

00:37:04: oder vielleicht einen Wunsch

00:37:05: habt zu Themen, die wir hier kompakt mal auf den Punkt bringen sollen,

00:37:08: dann schreibt uns gerne an.

00:37:09: Alles Liebe und bis bald. Bei PsychKnowledge.

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