Folge 8: Münchhausen by proxy. Schon mal was davon gehört?

Shownotes

Weiterführende Informationen und Untertitel gibt es auf:
https://www.euro-fh.de/podcast-psychknowledge/

Transkript anzeigen

00:00:05: Hallo und herzlich willkommen

00:00:06: zu PsychKnowledge, dem Psychologie-Lernpodcast der Euro-FH.

00:00:09: Mein Name ist Franziska Czens

00:00:11: und ich bin Soldatin bei der Bundeswehr und Tutorin an der Euro-FH.

00:00:16: Die heutige Folge widmet sich einem Krankheitsbild, über das

00:00:19: ich ehrlich gesagt

00:00:21: ohne eine Studentin, die darüber ihre Abschlussarbeit geschrieben hat,

00:00:24: vermutlich nur sehr sehr wenig, vielleicht sogar gar nichts erfahren hätte,

00:00:27: weil es einfach so selten und so ungewöhnlich ist.

00:00:30: Aber es ist eben auch unglaublich spannend.

00:00:32: Und aus diesem Grund ist heute Simone Huber bei uns

00:00:35: und spricht mit uns über das Münchhausen by proxy Syndrom.

00:00:39: Hallo Simone.

00:00:39: Schön, dass du deine wissenschaftlichen, aber auch in Teilen ja

00:00:42: persönlichen Erkenntnisse zu der Thematik heute mit uns teilst.

00:00:45: Hallo Franzi, sehr sehr gerne.

00:00:47: Ich freue mich sehr über die Einladung.

00:00:49: Bevor wir inhaltlich einsteigen mag ich aber an dieser Stelle,

00:00:53: also wissend aus unserem Vorgespräch, was Simon und ich geführt haben,

00:00:57: an der Stelle eine kleine Warnung an unsere Zuhörenden abgeben.

00:01:00: Was Simone gleich berichten wird, ist in Teilen

00:01:03: wirklich harter Tobak, weil es eben auch um Kindesmisshandlung geht.

00:01:07: Wer also zart besaitet ist oder wie ich weiß, dass ich von solchen Erzählungen

00:01:11: auch manchmal schlecht wird,

00:01:13: der sollte bitte ein bisschen auf sich aufpassen beim Hören dieser Folge

00:01:16: und sie vielleicht nicht gerade hören,

00:01:17: wenn er im Auto unterwegs ist oder ähnliches.

00:01:19: Jetzt aber noch mal kurz ein paar Worte über Simone.

00:01:22: Simone hat in ihrem ersten

00:01:24: Studium Soziale Arbeit studiert und ist Paar- und Familientherapeutin.

00:01:28: Seit mehr als zwölf Jahren arbeitet sie mit dieser Expertise

00:01:30: auf einer sozialtherapeutischen Abteilung, einer Frauen-Vollzugsanstalt.

00:01:34: Und so ist sie auch auf das Thema der Abschlussarbeit gekommen, die sie hier

00:01:37: in ihrem zweiten Studium für die Euro-FW gemacht hat.

00:01:41: Simone, lass uns mal tatsächlich ganz klassisch

00:01:43: mit einer Definition oder vielleicht auch einer Diagnose-Beschreibung starten.

00:01:47: Was ist denn das Münchhausen

00:01:48: by proxy Syndrom und was macht es eben so besonders?

00:01:52: Also definiert wird es folgendermaßen:

00:01:55: Es liegt ein Krankheitsbild vor beim Kind, das wird von der Mutter oder

00:02:00: in seltenen Fällen auch von einer anderen Bezugs

00:02:03: oder Betreuungsperson simuliert oder hervorgerufen.

00:02:06: Wobei Studien belegen, dass es tatsächlich überwiegend die Mütter sind.

00:02:11: Es erfolgt immer wieder eine Vorstellung des Kindes im medizinischen Setting

00:02:15: und dann auch immer in Verbindung mit sehr ausgedehnten Untersuchungen

00:02:19: und durchaus auch operativen Eingriffen.

00:02:23: Die Täterinnen, ich benenne es gleich mal Täterinnen, negieren

00:02:27: ein Wissen bezüglich der Ursachen

00:02:29: und es kommt immer dann zu einer Verbesserung der akuten Beschwerden

00:02:33: und der bestehenden Symptomatik,

00:02:35: wenn die Kinder und die Täter getrennt sind oder getrennt werden.

00:02:40: Dann lass uns da mal ganz kurz trennen, sozusagen.

00:02:42: Also du hast gesagt, die Kinder sind das Opfer und Münchhausen

00:02:46: by proxy ist sozusagen die Krankheit bei der Mutter an der Stelle, richtig?

00:02:50: Oh, das ist heiß beim Münchhausen by proxy.

00:02:54: Das ist tatsächlich ein bisschen irreführend, diese Begrifflichkeit.

00:02:57: Da man das von daher auch nicht ganz trennen konnte,

00:03:01: wer die Diagnose gibt, gibt’s bei Münchhausen by proxy zwei.

00:03:05: Also ich kann eine stellen für die Mutter und ich kann eine stellen für das Kind.

00:03:11: Und der Vorteil davon ist, wenn ich das trenne,

00:03:13: dass ich für das Kind auf alle Fälle eine Misshandlungsdiagnose stellen kann,

00:03:17: selbst wenn ich wie die Mutter keine sichere Diagnose stellen kann,

00:03:21: bleibt mir die Möglichkeit eine Misshandlungsdiagnose zu stellen.

00:03:24: Okay, und jetzt sag noch mal: Wie zeichnet sich sozusagen

00:03:29: das Krankheitsbild bei der Mutter aus?

00:03:31: Damit wir hier wirklich genau alle von dem gleichen sprechen?

00:03:34: Weil ich fand, es ist nicht ganz einfach zu verstehen.

00:03:37: Also die Mütter,

00:03:41: die schädigen ihre Kinder, um sie dann ärztlich vorzustellen

00:03:44: und umfänglich behandeln zu lassen, teilweise sogar mit Operationen

00:03:48: und sie nehmen auch schmerzhafte Untersuchungen für die Kinder in Kauf.

00:03:53: Gleichzeitig verhindern oder sabotieren sie

00:03:57: aber eine erfolgreiche Behandlung des Kindes.

00:04:01: Abgefahren.

00:04:02: Seit wann ist denn dieses Krankheitsbild bekannt?

00:04:04: Also seit wann forscht man denn dazu und wie forscht man am sinnvollsten dazu?

00:04:10: Also 1951 kam es durch den Psychiater

00:04:14: Richard Escher zur ersten Fall Beschreibungen des Münchhausen Syndroms.

00:04:19: Das Münchhausen Syndrom muss man aber vom NPS,

00:04:21: also Münchhausen by proxy unterscheiden, weil es zwei verschiedene Störungsbilder

00:04:26: sind.

00:04:27: Beim Münchhausen Syndrom werden die Krankheitssymptome

00:04:31: am eigenen Körper ausgelöst , während beim proxy Syndrom

00:04:35: der Körper des Kindes benutzt wird, also

00:04:38: in Stellvertretung des eigenen Körpers.

00:04:40: Und 1977 publizierte

00:04:44: Roy Meadow, ein englischer Kinderarzt, zwei Fälle von Kindern,

00:04:48: die mit

00:04:49: nicht erklärbaren Symptomen ärztlich vorgestellt worden waren.

00:04:52: Und trotz umfänglichster Untersuchungen konnte man die Ursachen nicht feststellen

00:04:57: und im Verlauf fand man heraus, dass die Mütter die Verursacherinnen

00:05:01: dieser Symptome waren.

00:05:02: Und vor diesem Hintergrund stellte Meadow eben Parallelen

00:05:06: zum Münchhausen Syndrom her und benannte daher das Krankheitsbild

00:05:10: Münchhausen by proxy, also Münchhausen Stellvertreter Syndrom.

00:05:15: Okay.

00:05:16: Und jetzt ist das aber ja nichts, was wahrscheinlich sehr häufig vorkommt.

00:05:21: Zumindest ist das was, was ich aus diesen beiden Fallbeispielen,

00:05:24: die du jetzt gesagt hast, entnehme.

00:05:27: Du hast ja jetzt nicht gesagt, das ist aus zahlreichen Studien.

00:05:28: Und die gibt es natürlich auch nicht.

00:05:31: Kannst du denn trotzdem was, obwohl es eben nicht so ein ausgeprägter

00:05:34: Forschungsstand gibt, zu den Ursachen dieser Erkrankung sagen?

00:05:37: Also woher kommt das?

00:05:39: Also vielleicht vorab: Also es gibt sehr detaillierte

00:05:43: Einzelfallbeschreibungen, die wurden auch publiziert,

00:05:45: aber es gibt nach wie vor kein restlos schlüssiges Erklärungsmodell

00:05:50: für die Störung.

00:05:51: Also es bleibt auch immer schwierig, weil die betroffenen störungsbedingt

00:05:55: sich einer systematischen Untersuchung entziehen.

00:05:59: Nichtsdestotrotz gibt es verschiedene Erklärungsmodelle,

00:06:02: die sich gegenseitig auch nicht unbedingt ausschließen müssen.

00:06:05: Also ich bin ja, ich benenne jetzt mal ein paar,

00:06:08: auf die ich im Rahmen meiner Recherche gestoßen bin.

00:06:12: Also zum einen besteht die Auffassung,

00:06:15: dass die Frauen aufgrund eigener traumatischer Kindheitserfahrungen

00:06:18: gar nicht in der Lage sind, empathisch

00:06:20: auf das eigene Kind und dessen Bedürfnisse zu reagieren.

00:06:24: So kommt es im Rahmen von dem MBPS zu einer transgenerationalen

00:06:28: Weitergabe von kindlichen traumatischen Erlebnissen.

00:06:31: Und in der Literatur spricht man hier von einer second generation von MBPS.

00:06:36: Also die ehemaligen Opfer sind quasi die heutigen neuen Täterinnen.

00:06:39: Ganz genau.

00:06:42: Dann gibt es die Theorie, oder man geht davon aus, dass das MBPS

00:06:46: auf einer bereits vorliegenden Persönlichkeitsstörung basiert.

00:06:50: Und diese These kann man untermauern durch die vielfältigen psychischen

00:06:53: Auffälligkeiten, die bei Betroffenen Frauen häufig vorliegen.

00:06:57: Dann gibt es die Auffassung, dass das MBPS eine Folge

00:07:01: eines gestörten Verhältnisses zum eigenen Körper ist und es vor

00:07:06: diesem Hintergrund zu einer Übertragung auf den Körper des Kindes kommt.

00:07:13: Und in einem

00:07:14: meiner Interviews kam nun ein sehr spannender Aspekt

00:07:18: dazu, und zwar: Mir hat mal ein Interviewpartner gesagt,

00:07:21: dass die Frauen auf der Suche nach einer positiven Identität sind

00:07:27: und weil ihnen

00:07:29: ein Identitätsgefühl und eine Gewissheit, wer sie eigentlich sind,

00:07:33: das fehlt diesen Frauen.

00:07:34: Und die begeben sich auf die Suche und werden quasi in der Identität

00:07:40: der guten, engelhaften Mutter, also er benannte das auch so, fündig.

00:07:45: Also, um mir diese Identität anzueignen, bin ich bereit, mir mit

00:07:49: absolut destruktiven bis hin zu tödlichen Mitteln zu arbeiten und

00:07:56: indem ich dieses Verhalten ständig wiederholem, weil ich brauche

00:07:59: diese Erfahrung immer und immer wieder lebe ich diese Identität und führe sie...

00:08:04: Also führe sie zuerst herbei und lebe eben diese Identität dieser guten Mutter.

00:08:09: Okay.

00:08:10: Also jetzt hast du gerade schon gesagt,

00:08:13: du hast Interviews geführt und das knüpft so ein bisschen an das an,

00:08:16: was ich gerade vorhin gefragt habe: Wie forscht man nämlich am sinnvollsten

00:08:20: zu dem Thema?

00:08:21: Weil ich mir vorstellen kann, es gibt A nicht so viele Fälle.

00:08:25: Und B ist es vermutlich auch relativ schwierig, mit den Menschen zu arbeiten.

00:08:29: Deswegen mag ich noch mal ganz kurz einen Bogen drehen, sozusagen.

00:08:32: Wie hast du dich denn diesem Thema genähert?

00:08:37: Also tatsächlich war der Auslöser,

00:08:39: dass wir in der Arbeit einen Fall diskutiert haben,

00:08:42: wo diese Diagnose im Raum stand und immer wieder in Gutachten

00:08:46: auftauchte, aber nicht gestellt wurde, wie gestellt wurde.

00:08:49: Okay. Genau. Und so kam es.

00:08:52: So kann es irgendwie ins laufen.

00:08:54: Und ich habe dann geguckt und es gibt eine Studie

00:08:57: aus 2011 aus Würzburg und da hat man im Rahmen

00:09:03: von einer

00:09:03: systematischen Untersuchung 379 Kinderkliniken per Fragebogen

00:09:07: angefragt, angeschrieben

00:09:11: nach Fällen von MBPS.

00:09:13: Und da gab es nicht so wahnsinnig viele Rückmeldungen, also insgesamt bloß 203.

00:09:19: Aber, also da kann man die Repräsentativität

00:09:23: ja ein bisschen anzweifeln, aber nichtsdestotrotz

00:09:25: hat diese Untersuchung aus 2011 so ein bisschen

00:09:27: den Grundstein gelegt für weitere empirische Untersuchungen.

00:09:31: Und ansonsten wird es darauf hinauslaufen, dass man weiterhin

00:09:34: international Einzelfälle studiert und vergleicht, um die Störung

00:09:39: besser verstehen zu können und Parallelen zu finden.

00:09:43: Weil verlässliche Aussagen kann ich ja erst ab einer gewissen Fallzahl treffen.

00:09:47: Auf jeden Fall, ja. Auf jeden Fall.

00:09:50: Also es wird ganz viel

00:09:51: auf Einzelfallforschung sich belaufen.

00:09:55: Also du hast dann sozusagen

00:09:58: das detektivische in dir entdeckt, weil du es auf der Arbeit hattest,

00:10:01: dann gesagt,

00:10:01: ich mag mich mal damit beschäftigen, weil es so wenig dazu gibt, richtig?

00:10:05: Genau.

00:10:05: Und ich wollte wissen, warum wird diese Diagnose denn nicht gestellt? Also

00:10:11: andere Diagnosen werden ja auch gestellt.

00:10:13: Es werden Diagnosen für

00:10:14: Persönlichkeitsstörungen gestellt und Depressionen gestellt und mich hat

00:10:19: dieser Aspekt so interessiert.

00:10:23: Warum wird diese Diagnose denn nicht gestellt

00:10:26: und wirklich ausgesprochen im Sinne von: Diese Diagnose liegt vor.

00:10:31: Und da bin ich darauf hängengeblieben.

00:10:33: Und konntest du mit deiner Arbeit denn diese Frage für dich beantworten?

00:10:38: Ja. Also ja.

00:10:40: Ja, das war also...

00:10:43: das Ergebnis war so die Mischung, dass sie das Gefühl habe,

00:10:46: also dass das Krankheitsbild durchaus bekannt ist,

00:10:50: aber dass sich vor der Diagnosestellung tatsächlich gescheut wird, eben

00:10:54: weil sie super heikel zu stellen ist und weil, wenn ich,

00:11:00: wenn ich da falsch liege, als Behandler, weil das natürlich

00:11:02: wahnsinnige rechtliche Konsequenzen nach sich zieht oder ziehen kann.

00:11:06: Also wenn ich eine Mutter

00:11:09: zu Unrecht dieses Syndroms verdächtige.

00:11:15: Ja, du unterstellst ihr ja quasi

00:11:17: direkt mit der mit dem Syndrom auch die Misshandlung ihres Kindes.

00:11:20: Genau.

00:11:21: Also das ist schon harter Tobak und man muss sich das schon gut überlegen.

00:11:25: Und da brauche ich natürlich dementsprechend Beweise

00:11:29: und dass ist schon superschwierig.

00:11:33: Jetzt sind ja Mütter grundsätzlich gesellschaftlich gesehen

00:11:36: nicht so unbedingt

00:11:38: die erste Wahl, auch wenn man nur auf Straftaten oder Missbrauch schaut.

00:11:41: Man schaut ja irgendwie eher auf die Väter oder auf männliche Verwandte.

00:11:47: Wie wirkt sich denn diese stereotype Denke, oder wie wirkt sie sich aus?

00:11:51: Oder wirkt sie sich überhaupt aus, auf das Entdecken und die Diagnose?

00:11:56: Also bei mir ist der Eindruck entstanden,

00:11:58: dass man auf die Mütter als Täterinnen erst relativ spät, wenn überhaupt tippt.

00:12:02: Und ich habe dann mal so geguckt, was die Gründe dafür sind.

00:12:06: Und es gibt durchaus einleuchtende Gründe.

00:12:10: Eben weil man davon ausgeht...

00:12:12: Oder Gewaltstraftaten und Misshandlungen, die verortet man mehr bei Männern.

00:12:17: Und faktisch ist es tatsächlich so,

00:12:20: dass es mehr von Männern verübt wird, aber halt nicht ausschließlich.

00:12:26: Und Frauen als Täterinnen sind nach wie vor ein Tabuthema.

00:12:29: In der Literatur hat es eine Autorin,

00:12:33: die spricht von einem unausrottbaren Gute-Mutter-Tabu.

00:12:39: Und ich finde, das trifft es total gut.

00:12:41: Das bedienen die ja auch an der Stelle natürlich.

00:12:45: Also durch dieses Sich kümmern und das Kind immer zum Arzt schleifen,

00:12:49: weil es ihm schlecht geht.

00:12:50: Da bedienen die ja diese Gute-Mutter-Mutterrolle total.

00:12:54: Genau.

00:12:54: Und in einem meiner Interviews hat sich durchaus auch die Frage ergeben,

00:12:58: warum diese gesellschaftliche Grundannahme eben von dieser guten,

00:13:02: versorgenden Mutter, warum die so nachhaltig etabliert ist.

00:13:07: Also das ist eine Frage.

00:13:09: Ich konnte es nicht restlos beantworten.

00:13:11: Übrigens immer Frauen, die solche fragen und Gedanken in den Raum werfen.

00:13:15: Ich fand das super spannend.

00:13:16: Es kam nicht von Männern, sondern es waren die Frauen,

00:13:20: die sich diese Fragen stellen.

00:13:23: Aber also vielleicht auch noch mal für die Gründe.

00:13:26: Also es ist mir schon nachvollziehbar.

00:13:28: An den Gesprächen ist mit ist mir das ganz klar geworden,

00:13:31: dass man eben im medizinischen Setting, gerade bei kleinen Kindern,

00:13:35: da ist man ja auf die Aussagen der Eltern angewiesen.

00:13:37: Also gerade wenn die noch nicht sprechen können

00:13:40: und dann ist man einfach geneigt, den Müttern bzw.

00:13:43: den Eltern einfach Glauben zu schenken.

00:13:46: Und was ich als Rückmeldung bekommen habe ist, dass medizinische Berufe,

00:13:49: die sind

00:13:50: auf Heilung ausgerichtet und eine

00:13:52: vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung ist einfach wichtig.

00:13:55: Und jetzt kommt eine Mutter,

00:13:57: die ein schwer krankes Kind präsentiert, die kann erst mal mit ganz viel

00:14:01: Verständnis und Mitgefühl und Mitleid rechnen.

00:14:04: Also die zweifelt man ja nicht von Start weg an.

00:14:08: Sondern ich vertraue der ja, aber allein dieses Vertrauen kann eben dazu führen,

00:14:14: dass die Diagnose eventuell erst dann gestellt wird,

00:14:16: wenn das Kind schon bereits ernsthaft geschädigt ist.

00:14:20: Und was man nun sagen muss,

00:14:22: ist einfach, dass die Frauen hoch, also wirklich im klinischen Sinn hoch

00:14:27: manipulativ agieren

00:14:29: und super geschickt darin sind, Symptome erstens zu fabrizieren

00:14:35: und ein Krankheitsbild aufrecht zu erhalten.

00:14:38: Also die sind einfach super geschickte Täuscherinnen.

00:14:42: Ja, ich kann es total gut nachvollziehen, was du sagst.

00:14:44: Und trotzdem,

00:14:45: obwohl ich

00:14:46: wie auch schon vorher darüber gesprochen habe,

00:14:48: schockt es mich wirklich unglaublich sozusagen.

00:14:50: Aber ich verstehe auch noch mal besser und es ist für alle sehr verständlich,

00:14:54: warum deshalb die Diagnosestellung auch so schwierig ist.

00:14:57: Weil genau das, was du gerade beschrieben hast.

00:15:00: Erst mal geht eine sorgende Mutter mit ihrem Kind zum Arzt.

00:15:03: Das zweifelt man natürlich nicht an.

00:15:05: Jetzt ist aber für mich sozusagen und auch für die Zuhörerinnen und Zuhörer

00:15:09: natürlich auch noch mal eine spannende Seite: Wie geht man damit um?

00:15:13: Also jetzt haben wir Frauen, die diese Diagnose bekommen haben.

00:15:18: Wie therapiert man die?

00:15:20: Aber vielleicht auch...

00:15:21: Also zumindest, wie ich mir das vorstelle...

00:15:25: Die Frauen sind wahrscheinlich gar nicht so häufig Krankheitseinsichtig, oder?

00:15:31: Also an der Stelle sind

00:15:32: für mich tatsächlich viele Fragen offen geblieben.

00:15:35: In der Literatur und bei den Experten besteht so Einigkeit

00:15:39: darüber, dass sich die Betroffenen von MBPS

00:15:42: kaum je krankheitseinsichtig zeigen, das ist richtig.

00:15:45: Oder auch ihr Handeln zugeben.

00:15:48: Es gibt aber keine formalen Studien zu Behandlungsergebnissen von Betroffenen

00:15:53: und es fehlen empirische Werte zu Verlauf und Prognose von Patienten

00:15:57: und Patientinnen mit psychologischen artifiziellen Störungen.

00:16:03: Also vor dem Hintergrund ist

00:16:04: für mich total offen geblieben, wie eine erfolgreiche Therapie

00:16:08: ohne Krankheitseinsicht stattfinden kann oder soll

00:16:12: und was therapeutische Interventionen beim MBPS sein könnten.

00:16:17: Für mich ist offen geblieben wie lässt sich dann

00:16:19: eine Gefährlichkeitseinschätzung vornehmen?

00:16:22: Lässt es einen Rückschluss dann zu, dass die Frauen gefährlich bleiben,

00:16:25: wenn sie sich einer psychiatrischen Behandlung verwehren?

00:16:28: Was passiert denn zum Beispiel nach einer Haftstrafe?

00:16:30: Als ich sperr die weg für einen gewissen Zeitraum für eine Körperverletzung

00:16:35: und die kommen wieder raus und sind wieder schwanger.

00:16:38: Ähm. Oder wie...

00:16:40: Also das kam im Gespräch mit einer Expertin.

00:16:43: Das hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm.

00:16:45: Wie schützt man denn zum Beispiel pflegebedürftige Angehörige?

00:16:48: Oder auch Münchhausen by proxy gibt es mittlerweile auch...

00:16:52: Da gibt es Fälle, wo das auf Haustiere übertragen wird.

00:16:56: Okay, ich habe mich gerade...

00:16:57: Habe ich mir nämlich die Frage gestellt,

00:16:59: wie lange funktioniert denn diese Übertragbarkeit auf das Kind sozusagen?

00:17:03: Also wie lange ist das Kind Stellvertreter?

00:17:05: Weil auch die wachsen ja irgendwann.

00:17:07: Also kannst du dazu noch mal was sagen?

00:17:09: Genau.

00:17:10: Also da haben mir die Experten in den Interviews gesagt, dass es für die Eltern

00:17:14: natürlich immer heikler wird, je älter die Kinder werden.

00:17:17: Also in dem Moment, wo die sprechen lernen,

00:17:21: wird es einfach heißer.

00:17:23: Und einer der Experten hat mir gesagt, die meisten MBPS-Fälle enden dann,

00:17:27: wenn die Kinder eingeschult werden, weil die dann einfach schulpflichtig sind.

00:17:32: Also ich meine,

00:17:34: wir haben keine Kindergartenpflicht, aber sie haben eine Schulpflicht.

00:17:37: Natürlich die

00:17:42: dann viel mehr außer Haus sind.

00:17:44: Oder außer Haus müssen. Ja.

00:17:46: Aber das heißt, es handelt sich eben auch wirklich, also um da noch mal

00:17:49: die Tragik herauszustellen, es handelt sich eben

00:17:52: wirklich um Kindesmisshandlung von Klein- und Kleinstkindern.

00:17:56: Wobei es gibt, es kann schon auch sein, dass es weitergeht,

00:17:59: weil die Kinder diese Krankenrolle kennen und für sich adaptieren.

00:18:03: Also die verhalten sich dann auch wie krank und spielen

00:18:08: unbewusst da mit.

00:18:11: Das ist jetzt, das ist ein Aspekt mit dem Krimi.

00:18:13: Also den habe ich überflogen,

00:18:14: aber mit dem habe ich mich inhaltlich nicht tiefer beschäftigt.

00:18:17: Und das Thema ist halt auch echt unglaublich vielschichtig und natürlich

00:18:24: gerade im Thema eine Abschlussarbeit in dem Umfang

00:18:26: natürlich gar nicht so sehr zu fassen in allen Facetten

00:18:30: und auch in diesem Podcast nicht ehrlicherweise.

00:18:33: Ich möchte dich aber jetzt trotzdem noch mal bitten,

00:18:36: weil wir echt schon wieder fast am Ende unserer Folge sind.

00:18:39: die drei wichtigsten Punkte, also was hast du für dich mitgenommen

00:18:43: und was möchtest du unseren Zuhörerinnen und Zuhörern mitgeben

00:18:47: über dieses Krankheitssyndrom quasi in drei Punkten zusammengefasst?

00:18:52: Also ich finde es wichtig, dass ein Wissen um die Störung besteht,

00:18:55: dass man sensibilisiert wird für diese Störung, eben

00:18:59: weile es eine Form von Kindesmisshandlung ist.

00:19:03: Ich finde nichtsdestotrotz eine neutrale Herangehensweise an

00:19:06: das Thema total wichtig, eben weil es unglaublich viele Emotionen auslöst.

00:19:12: Und im Umgang...

00:19:14: Sollte ich denn tatsächlich mal konfrontiert sein oder den Verdacht habe,n

00:19:18: finde ich eine Ballance total wichtig zwischen Wachsam sein

00:19:24: und Wirklich hinzugucken ohne übertrieben argwöhnisch zu sein.

00:19:30: Okay.

00:19:32: Das nehme ich jetzt auch einfach als Schlusswort

00:19:34: und ich glaube, das gilt aber eben auch für ganz, ganz viele

00:19:38: Krankheitsbilder oder eben immer dann, wenn Kinder im Spiel sind.

00:19:41: Genau. Super.

00:19:43: Ja, Simone, ganz, ganz

00:19:44: herzlichen Dank an dieser Stelle,

00:19:46: dass du dich auch noch mal mit uns in dieser konzentrierten Form

00:19:49: mit dem Münchhausen by proxy Syndrom hier auseinandergesetzt hast und wirklich

00:19:54: einen Einblick in ein Thema gegeben hast, was glaube ich viele noch nicht kennen.

00:19:57: Also ganz, ganz vielen Dank und dir alles, alles Gute weiterhin.

00:20:01: Und viel...

00:20:02: Also ich finde Erfolge in deiner Arbeit,

00:20:04: weil in der Frauenvollzugsanstalt ist, glaube ich auch

00:20:08: da, das arbeiten manchmal harter Tobak.

00:20:10: Also vielen Dank und bis bald.

00:20:12: Tschüss. Sehr, sehr gerne.

00:20:14: Vielen Dank. Ciao.

00:20:15: Ja, liebe Hörerinnen und Hörer, das war's schon wieder bei PsychKnowledge.

00:20:18: Und ihr habt an dem Thema gesehen, dass wir uns heute mal etwas sehr, sehr

00:20:24: Außergewöhnlichem tatsächlich gewidmet haben.

00:20:26: Und wenn ihr so ein Thema habt,

00:20:27: von dem ihr sagt: Mensch, da habe ich schon mal was gehört.

00:20:30: Aber irgendwie finde ich dazu auch nicht so richtig viel.

00:20:33: Oder eben andere Themen habt,

00:20:35: zu denen ihr

00:20:35: gerne einen Podcast haben wollt von uns, dann lasst uns gerne eine Notiz da

00:20:39: und wir freuen uns auch über dieses Thema eine Folge zu machen.

00:20:43: Alles Liebe und bis bald bei PsychKnowledge.

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.